„Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!“ – Dante Alighieri, Göttliche Komödie

Hallihallo

letzte Woche führte mich mein Weg aus dem Landtag heraus und hinein in die Tiefen des Lobbyismus nach Bonn. Die REWE-Group hatte geladen zum jährlichen Nachhaltigkeitsforum und weil es nicht schaden kann die Bigplayer mal in ihrem natürlichen Umfeld zu beobachten schickte mich meine Cheffin auf diese Forschungsreise.

Das Ganze fand statt im sogenannten „World-Conference-Center“ in Bonn, was dem geneigten Leser wohl eher als der alte Bundestag bekannt sein dürfte. Auf dem Weg vom Bahnhof zum Kongresscenter wurde ich erstmal recht positiv überrascht, weil sich weitere Besucher, die mit mir gemeinsam auf dem Weg waren alsbald als Vertreter von NGO’s herausstellten. Prima, war ich also nicht der Einzige, der dem Ganzen eher kritisch gegenüber stand. So war der Ausflug also garnicht schlecht, weil ich so den Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes kennenlernte, mehrere Vertreter der Verbraucherschutzzentrale NRW, einigen Umweltschutzverbände und einen sehr interessanten Filmemacher auf den ich aber später noch kommen werde.

In der Location angekommen fühlte ich mich von der geballten Werbemacht erstmal ein wenig erschlagen. Die größten Firmen aus der Nahrungsmittel- und Hygienebranche hatten richtig aufgefahren. Alle hatten stylische Informationsstände, verteilten neben Infos auch Geschenke und belagerten die NGO’s und die wenigen Vertreter der Politik um sie davon zu überzeugen dass für sie ALLE Nachhaltigkeit das allerwichtigste Thema war. Leider haben alle nur ein bisschen rumgedruckst wenn man mal anfing ansatzweise kritische Fragen zu stellen. Auch wenn alle professionell nett waren dabei. So hatte der Tassimo keine Antwort darauf was an Kapsel-Kaffeemaschinen nachhaltig sein soll („Wir stellen ja auch normale Pads her“) und was Mars Inc. mit Ressourcenschonendem Kakaohandel zu tun haben soll weiss ich bis heute nicht.

Nach einer Stunde des Smalltalks klingelte die Glocke zum PLenum und alle versammelten sich um den Worten der Redner zu lauschen. Am Anfang natürlich der Vorstandsvorsitzende der REWE-Group („Wir wollen die Versorgerkette sein der man einfach vertrauen kann. Bei uns soll man keine Siegel brauchen, sondern sich einfach darauf verlassen können, dass alle Waren nachhaltig produziert werden“ Wohl eher ein Fernziel) Danach Cem Ozdemir von den GRÜNEN („Ich habe da einen ganz tollen Biosupermarkt bei mir in Kreuzberg um die Ecke“ „Meine Tochter schimpft inzwischen schon Leute auf der Strasse an, die mit PLastiktüten aus dem Supermarkt kommen“). Als dann aber Herr Tönnies, der Inhaber des großten Schlachtbetriebs und Fleischgroßhandels gemeinsam mit dem Fleischeinkäufer der REWE über Nachhaltige Tierhaltung und Schlachtung sprach wurd es ein wenig abstrus. Dazu muss man vielleicht wissen das Herr Tönnies sich in den letzten Jahren nicht gerade als standhafter Verfechter der Tierrechte gezeigt hat. Die Veranstalter dieses Events hatten übrigens eine interessante Art mit kritischen Fragen umzugehen. Jeder der eine solche Frage stellte wurde alsbald von sehr netten Marketingmenschen in Gespräche verwickelt und beschäftigt. Das ganze sehr dezent und unauffällig. Im Großen und Ganzen könnte das auch die Überschrift über die Veranstaltung sein. Dezent und Unauffällig!

Nach einer Mittagspause mit wirklich leckerem BIO-Essen ging es dann in kleineren Gruppen in die Workshops.Ich hatte mich für das Thema Foodwaste entschieden. Gleich zu Beginn versuchte die REWE klar zu stellen dass das für sie ein wichtiges Problem ist, bei dem sie schon große Fortschritte gemacht hätten. Auf meine Frage, wie es denn zusammenpasse, dass die REWE einerseits das Food-Waste -Problem ernst nehme und andererseits recht offensiv gegen Mülltaucher vorgehe bekam ich eine ausweichende Antwort uuuuuund… eine nette Marketingmitarbeiterin an die Seite, die mich ausdauernd fragte wie es mir den bisher gefiehle, ob ich Anregungen hätte, dass sie sich sehr freue, das jemand von den Piraten da gewesen sei und wie ich denn zur Aktion der hessischen Piraten gegen den REWE-Apfeltag stehen würde.

Immerhin habe ich dann aber doch bei dem Workshop Valentin Thurn kennen lernen dürfen. Valentin Thurn ist ein Filmemacher, der unter anderem die Dokumentation „Taste the Waste“ gemacht hat. Ich denke, dass sich da in den nächsten Wochen noch eine tolle Kooperation zwischen ihm und der Piratenfraktion ergeben könnte. Dazu dann aber in einem anderen Blog-Post mehr.

Was nehme ich aus dem Ganzen jetzt mit und war das nicht ein komplett verschwendeter Arbeitstag? Ich muss sagen, dass es durchaus interessant war der Lobby mal auf die Finger zu schauen. Zu sehen wer mit wem kungelt und wer die Fäden in der Hand hält. Ausserdem konnte ich einige Wertvolle Kontakte für unsere Parlamentarische Arbeit machen, namentlich der Deutsche Tierschutzbund, Valentin Thurn und die Verbraucherzentrale in NRW.

Soviel erstmal zu meinem Ausflug in die Lobbyhölle.

Gehabt Euch Wohl

Euer Ballerstädt

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